#032 Interview mit Kommunikationswissenschaftlerin Annika Herzog zum Thema Kundenkommunikation

Shownotes

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Wenn du mehr darüber erfahren willst, dann [hier entlang.] https://natalie-klug.com/kundenkommunikation/

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Natalie Klug

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Tier-TCM-Podcasts. Heute bin ich nicht alleine hier. Heute habe ich eine tolle Frau bei mir. Annika Herzog ist heute hier. Schön, dass du hier bist liebe Annika. Ich freue mich total, dass du zum Podcast-Interview zugesagt hast. Annika Herzog ist Kommunikationswissenschaftlerin, was ein total spannendes Thema ist. Aber jetzt will ich gar nicht groß weiterreden. Wir lassen Annika mal kurz erzählen, wer sie so ist und was sie so macht. Hallo, liebe Annika!

Annika Herzog:

Annika Herzog: Hallo Natalie. Vielen Dank für deine Einladung zu dem Gespräch. Ich bin sehr gerne hier. Ich bin Annika Herzog. Ich bin Kommunikationswissenschaftlerin, und das hat mich schon immer fasziniert. Die Kommunikation und dessen Dynamiken. Wie entstehen Missverständnisse, worum handeln Streitigkeiten? Das hat mich schon immer fasziniert, und deswegen habe ich mir das spannende Feld als Studienfach ausgesucht. Ich arbeite im Bereich Kommunikation und als Coach auf diesem Gebiet. Dafür brenne ich.

Natalie Klug:

Ein spannendes Thema. Als ich dich kennengelernt habe, ist mir total aufgefallen, dass du schön und klar kommunizierst, dass du eine schöne Ausdrucksweise hast. Das ist mir sofort an dir aufgefallen und ich fand es interessant. Deswegen habe ich dann nachgehört, was du so machst. Und als du mir erzähltest, dass du Kommunikationswissenschaftlerin bist, dachte ich mir: „Super, das ist ein spannendes Feld, was wir Tiertherapeuten brauchen“. Denn wenn wir mit Kunden arbeiten (und ich kenne das selbst von mir am Anfang, als ich gestartet bin) gibt es immer wieder Diskussionen über: Preise, wie viele Behandlungen braucht das Tier, welche Übungen sind wichtig, die man eigenständig durchführen kann. Und das ist ein bisschen ein „Nervthema“, was einen selbst stresst, wenn man über Preise sprechen soll mit seinen Kunden und so weiter. Kannst du uns erklären, warum es einem häufig so schwerfällt, Preise zu nennen, oder warum man dann gerne mal in Diskussionen in der Kommunikation mit Tierhaltern oder mit seinen Kunden fällt?

Annika Herzog:

Erst mal vielen dank Natalie. Das freut mich zu hören. Ja, das ist ein spannendes Feld, weil die Wahrnehmungen ja so unterschiedlich sind. Bei den Therapeut: innen - sie haben ja in dem Moment, in denen diese Diskussionen anfallen könnten, eine andere Wahrnehmung, einen anderen Kontext, erst mal als die Tierbesitzer. Und ich glaube, hier ist häufig die Problematik zu sehen. Ich würde gerne zum Einstieg für diese Fragen, was Kommunikation beinhaltet oder wie man hier gut oder bestens damit umgehen kann, damit Kommunikation gelingt und eine Leichtigkeit reinkommt, erst mal drei Punkte nennen, die helfen, wenn sie einem bewusst sind.

Das erste wäre für mich, dass wir davon ausgehen sollten, dass menschliche Kommunikation störanfällig ist. Wir sind nicht so wie in der Informatik, die Einsen und Nullen raushauen, und genau in der Reinfolge kommt es an. Sondern, dass Kundenkommunikation verschiedene Aspekte beinhaltet, auf die kann ich gerne später nochmal eingehen, woran es hakt. Das kann einmal sein, dass der oder die Sprecherin etwas sagt und die Zuhörerschaft aber was anderes daraus mitnimmt. Und wenn wir uns dessen bewusst sind, und nicht davon ausgehen: "Ich habe das doch gesagt." - sondern eine Offenheit dafür haben, dass es auch anders angekommen sein könnte, und es nicht persönlich nehmen, finden wir schneller zu guten Lösungen. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt, ist bewusst wahrnehmen, wie geht es mir in dieser Situation? Weil wenn ich bewusst wahrnehme, sind meine Grundbedürfnisse erfüllt: Das fängt ja schon an: war ich auf Toilette oder habe ich ein bisschen hunger oder bin ich müde oder habe ich Rückenschmerzen? Und habe ich hierdurch dann einen engeren Blick auf Thematiken oder auf Kritik, die kommt. Und genauso ist es für die andere Person. Genau in dem Feld, in dem ihr euch bewegt als Tiertherapeut:innen. Hier ist es ja so, dass Tierbesitzer:innen kommen und sie sind in Sorge. In Sorge um das Tier. Eigentlich ist das Ziel das gleiche: das Tier gesund zu bekommen und zu unterstützen. Aber hier ist ein großes Wissensgefälle zwischen Tiertherapeut, der die Situation anders einschätzt als der Tierbesitzer, der in Not ist. Und natürlich gibt es ein breites Spektrum, ob jemand handlungsunfähig ist und bedürftig ist oder eine gestandene Persönlichkeit. Und hier ist der Blick schon mal eingeengt für diese Tierbesitzer:innen, weil sie das Wissen nicht haben. Weil sie Angst und Sorge haben - sowohl um das Tier als auch vielleicht um Preise, die explodieren können, weil man nicht weiß, wie lange die Behandlung dauert. Und wenn das im Bewusstsein und im Blick ist, kann vorgearbeitet werden. Indem man Orientierung gibt. Indem man mehr sagt und indem man eine Haltung einnimmt, und eine Sicherheit ausstrahlt und verbalisiert, damit diese Unsicherheit ein bisschen ruhen kann und der Blick geöffnet werden kann. Um somit ein Gutes miteinander zu schaffen und dann letztendlich am Tier arbeiten zu können, was das Ziel ist. Also einmal in sich den Fokus nehmen und zu schauen, "Wie bin ich aufgestellt? Habe ich viele Wahlmöglichkeiten. Wie geht es dem anderen? Und wie ist die Situation allgemein?" Ist es eine stressige Situation? Eine Notsituation? Oder ist es alles entspannt? Das wirkt alles ein.

Und der dritte Faktor, den ich wichtig finde, ist: Welches Menschenbild vertrete ich insgesamt? Das hilft mir stark. Ich gehe von einem humanistischen Menschenbild aus. Das heißt, ich denke, alle Menschen wollen etwas Gutes und geben in allen Momenten ihr Bestes. Und klar, ich bin nicht naiv. Ich sehe in der Welt ganz viel nicht gutes Verhalten. Und auch an mir beobachte ich manchmal, das war das Beste in dem Moment, was ich machen konnte - das finde ich schade. Aber wenn ich erst mal davon ausgehe, jeder tut das Beste, dann habe ich auch mehr Wahlmöglichkeiten, weil dann ist es keine Konfrontation zwischen der einen Seite und dem anderen. Zwischen gewinnen und verlieren. Sondern okay, wie können wir es denn schaffen, dass das besser wird? Und diese Grundhaltung finde ich total hilfreich, auch so in die Kommunikation reinzugehen, weil ich dann auch nicht mehr so betroffen bin.

Natalie Klug:

Natalie Klug: Spannend. Also, viele Faktoren, die wir so gar nicht auf dem Schirm haben, spielen dann auf jeden Fall mit rein.

Annika Herzog:

Annika Herzog: Ja, spannend. Und ich muss sagen, dass man in seinem Gebiet ganz viel Wissen hat und viele Faktoren (das geht mir nicht anders), vielleicht ausblendet, weil es für einen selbst in dem Fachgebiet Banalitäten sind. Manchmal ist das Bewusstsein dafür nicht gegeben, was alles für andere vielleicht problematisch ist oder nicht.

Natalie Klug:

Ich finde es sehr spannend, was du alles mit uns teilst. Und da erkenne ich mich selbst ein bisschen wieder, als ich mit meiner Selbstständigkeit angefangen habe. Hier war meine Kommunikation noch ganz anders als jetzt nach so vielen Jahren. Man lernt ja sehr viel und ich hoffe, dass ich das meinen Tiertherapeut: innen auch immer mitgebe. Es ist ein Lernprozess. Und gerade wenn man am Anfang steht, ist noch viel Luft nach oben und man entwickelt sich weiter. Und mit jeden neuen Patienten lernt man wieder ein bisschen was an Kommunikation dazu.

Annika Herzog:

Annika Herzog: Genau. Und es ist ja im professionellen Kontext auf jeden Fall auch gegeben. Aber das können wir auf das ganze Leben immer mit anwenden. Und auch unsere Beziehungen, egal ob sie nah sind oder in Einkaufssituationen. Man kann so verändern, indem man den Blick öffnet und wahrnimmt, was ist und wie welche Dynamiken entstehen. Das ist spannend. Und Wachstum ist ja immer möglich. Ich glaube, wir wachsen mit jeder neuen Beziehung, mit jener neuen Kommunikationsart und unterschiedlichen Menschen. Das ist bereichernd, wie ich finde.

Natalie Klug:

Natalie Klug: Absolut. Kann ich nur nachvollziehen und ich unterstütze deine Aussage total. Es gibt unterschiedliche Ebenen der Kommunikation. Ich glaube, daran wächst man im Laufe der Zeit. Ich weiß nicht, ob du da als Fachexpertin noch was dazu sagen möchtest.

Annika Herzog:

Wenn du jetzt von den Ebenen ausgehst: der sprachlichen Ebenen, der kommunikativen Ebene, der soziologischen Ebene. Genau, das haben wir ja schon etwas anklingen lassen. Also das Menschenbild wäre dann die soziologische Sichtweise. Wovon gehe ich aus, wie wir miteinander kommunizieren? Aus welchem Grund? Mit welchem Ziel? Hier ist für mich das humanistische Menschenbild wichtig. Es ist eine wichtige Haltung, um gut miteinander leben zu können und um Möglichkeiten zu sehen, statt Probleme. Um diese Möglichkeiten als Chancen zu sehen. Das heißt, wir sind im Grunde genommen alle gut und wollen das Beste und geben das Beste zu jedem Zeitpunkt. Und da könnten wir eher quasi unterstützen, indem wir eine Notlage erkennen und zu schauen: okay, wie lösen wir das denn? Dann die psychologische Sicht: Wie geht es mir, wie bin ich aufgestellt? Und wenn es mir nicht gut geht, was kann ich ändern, damit es mir gut geht? Was kann ich ändern, wenn ich zum Beispiel in einer Praxis arbeite und gleich ein Kunde kommt. Ich bin aber total gestresst, weil ich eine Information bekommen habe, dass etwas passiert ist oder ich hunger habe, müde bin, was auch immer. Da gibt es viele gute Möglichkeiten, die hier nicht kommunikativ sind, in der Kommunikation mit anderen. Im Embodyment zum Beispiel gibt es viele Übungen, die deinen Zustand, deinen State, kurzfristig verändern können. Das heißt, wenn wir auf die psychologische Ebene gehen und feststellen: "Ich bin gerade total gestresst.", dann gibt es manche Übungen, die wir gut durchführen können, die schnell gehen und dann sagen: Okay, ich bin jetzt so, ich mache eine Übung und bin dann zentrierter, offener und kann gut in die nächste Therapie gehen. Das heißt, die psychologische Ebene, das Bewusstsein und dann die Wahl, was möchte ich denn stattdessen? Und dann gibt es die rein sprachliche Ebene, wo wir immer nochmal hinschauen können. Wir können die gleichen Worte benutzen und dann nicht das gleiche meinen. Hier offen sein und zu sagen: "Wenn man etwas nicht versteht, kann es nochmal vielleicht anders ausgedrückt werden." Oder das passt jetzt nicht ganz zu den Tiertherapeut:innen. Aber ich finde es ein schönes Beispiel. Der Unterschied zwischen weinen und heulen. Wenn jemand eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Worten macht, fühlt sich eine Person angegriffen, wenn man sagt: "Heul nicht wieder so rum." Weil ganz viel mitschwingen kann. Und wenn ich das dann aber kommuniziere und sage:" Ich mache einen Unterschied für mich, dann schwingt bei Heulen doch etwas anderes mit. Als ob ich das extra mache, oder dass ich wehleidig bin, dass ich mich anstelle. Dann macht das was mit mir. Und wenn die andere Person, aber überhaupt gar keinen Unterschied dazwischen macht, dann nimmt sie das gar nicht wahr. Und das kann einen großen Unterschied ausmachen. Und solche Beispiele können auf der einen Seite Fachbegriffe sein, aber Kleinigkeiten, die ein anderes Gefühl und dazu eine ganz andere Situation aufspannen. Also eine andere Atmosphäre. Und sich dann nicht zu scheuen, das anzusprechen, wenn Irritation bestehen. Kommunikation dann nicht zusehen als gewinnen oder verlieren, sondern ein verstehen wollen und miteinander wachsen wollen. So wird man offen für andere Perspektiven.

Natalie Klug:

Natalie Klug: Vielen Dank für deinen tollen Input.

Annika Herzog:

Annika Herzog: Sehr gerne. Wir haben ja bald ein gemeinsames Seminar. Mir brennt nämlich noch etwas anderes unter den Fingern. Das bringe ich dann gerne im Seminar an. Denn ich glaube es ist gut die Kommunikation Schritt für Schritt zu machen. Das kann ich gerne im Seminar dann anbringen.

Natalie Klug:

Danke für die tollen Infos. Ich habe wieder viel gelernt, auch wenn ich mich schon mit der Thematik beschäftigt habe. Aber weil es so wichtig ist, kann man viel lernen. Und wer noch mehr darüber wissen möchte, um nicht in Diskussionen mit seinen Kunden zu verfallen, der kann gerne am 22. Mai an unserem gemeinsamen Onlineseminar teilnehmen. Mehr Infos dazu unter: https://natalie-klug.com/kundenkommunikation/

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